Vereinsgeschichte der Liedertafel 1837 Altdorf
Der Name „Liedertafel“ ist eine Schöpfung Karl Friedrich Zelters, der im Jahre 1800 die Leitung der „Berliner Singakademie“ übernahm. Auf einer fröhlichen Abschiedsfeier zu Ehren eines scheidenden Sängers entsprang der Gedanke zur Gründung einer geselligen Männerrunde. „Liedertafel“ nannte Zelter sie, wahrscheinlich in Erinnerung an die Sage von der Tafelrunde des Königs Artus.
Nach diesem Muster bildeten sich nach und nach die Männergesangvereine.
In der Zeit der deutschen Kleinstaaterei vor knapp 200 Jahren war alles verboten, was deutsche Gesinnung verriet. Hinter jeder patriotischen Gesinnung witterte man den Geist des Umsturzes. Dazu gehörte auch das Singen in Gasthäusern. Man war gezwungen, in Privathäuser auszuweichen.
Erst ein paar Dutzend Gesangvereine gab es im gesamten deutschsprachigen Raum, als sich im Altdorfer „Hesselhaus“ ( heute in der Hesselgasse ) am 9. April 1837 unter der Initiative von Gottlieb Hessel (Sohn des späteren Altdorfer Bürgermeisters und Gründers des „Boten“ Tobias Hessel) und Johann Galster 30 Altdorfer Männer zur Gründung der „Liedertafel 1837 Altdorf“ zusammenfanden. „Die Bildung des Gesangstalentes, die Veredelung der geselligen Unterhaltung und die Erringung eines frohen und würdigen Lebensgenusses“ hatten sie sich laut Satzung zum Ziel gesetzt.
Ein glücklicher Umstand für die Altdorfer Liedertafel war es, dass von 1824 bis 1924 in den ehemaligen Universitätsgebäuden ein „Königliches Schullehrer-Seminar“ eingerichtet wurde, aus dessen Reihen 100 Jahre lang neben ausgebildeten Sängern auch hervorragende Chordirektoren zur Verfügung standen. So war der erste Chordirektor der Liedertafel (bis 1912 lagen die Aufgaben desChorleiters und des 1. Vorstandes in einer Hand) Knabenlehrer Hohmann, nach dessen Klavierschulen so mancher das Tasteninstrument erlernte. Auch der auf dem Gebiet der Kirchenmusik bekannte Seminarinspektor Dr. theol. Johannes Zahn leitete nicht nur von 1854 – 1888 das Lehrerseminar, sondern war daneben auch 20 Jahre lang Chordirektor der Liedertafel. Ihm verdankt die Liedertafel den Sängerspruch: „Frischer Gesang gibt guten Klang, löst Zorn und Zwang, schafft Tatendrang.“
So entwickelte sich die Liedertafel zu einem geachteten Kulturfaktor Altdorfs. Sie war auch 1862 an der Gründung des Fränkischen Sängerbundes beteiligt. Im Jahre 1847 gründete sich ein neuer Gesangverein, der nach seinen Statuten nur verheiratete Männer aufnahm und sich den Namen „Männergesangverein“ gab. Da im Gründungsjahr bereits die Liedertafel 10 Jahre lang bestand, hatten es die beiden Bierbrauer und Bürger Valentin Müller und J. Peter Auer nicht leicht, die Genehmigung für die Errichtung eines zweiten Gesang-vereins in Altdorf zu erhalten. Vom ersten Schritt der Beitrittserklärung von 37 verheirateten Männern am 29. Juli 1847 bis zur endgültigen Genehmigung durch Stadtmagistrat, königliches Landgericht, sowie königliche Regierung von Mittelfranken dauerte es bis zum 7. Mai 1848. Als erster Chordirektor konnte Musiklehrer Herrling gewonnen werden, der von der Liedertafel zum Männergesangverein wechselte.
Im Laufe der Jahre gliederten sich beide Vereine einen gemischten Chor und eine Orchestergemeinschaft an. Beide Vereine leisteten gute Arbeit im Dienst am Lied, hatten aber auch alle Höhen und Tiefen eines Gesang-vereins durchzustehen. So kam es 1872 beim 25-jährigen Stiftungsfest des Männergesangvereins am Burkertshofer Wäldchen bei Oberwellitzleithen wegen Streitigkeiten unter den Sängern zu einer Existenz bedrohenden Spaltung des MGV und zur Gründung eines dritten Gesangvereins mit Namen „Harmonie“, der sich nach Auflösung um die Jahrhundertwende und der Wiedergründung 1904 der Arbeitersängerbewegung anschloss.
Als im Jahre 1933 im Zuge der Gleichschaltung die linksgerichteten Organisationen aufgelöst wurden, erlitt auch der Gesangverein „Harmonie“ dieses Schicksal. Bereits im Jahre 1922 wurde in der Liedertafel wegen schwachen Chorbesuchs und aus wirtschaftlichen Gründen über eine Zusammenlegung mit dem Männerge-sangverein diskutiert. Dieser auch im MGV offen ausgesprochene Gedanke wurde dann 1933 – von „oben“ her diktiert – auf einer gemeinsamen Mitgliederversammlung beider Vereine durch einstimmigen Beschluss in die Tat umgesetzt. Der fusionierte Verein hieß von da an „Männergesangverein Liedertafel 1837 Altdorf“.
Zuvor jedoch feierten Liedertafel und Männergesangverein am 24. Juli 1927 auf einem eigens dafür in Altdorf stattfindenden Gausängertag getrennt ihre 90- bzw. 80- jährigen Gründungsjubiläen. Im „Dritten Reich“ hatten die Gesangvereine nach den Anordnungen des Deutschen Sängerbundes die Pflicht, bei allen staatlichen und parteilichen Veranstaltungen und Feiern, soweit es gewünscht war, gesanglich mitzuwirken.
Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 gründete der damalige Landrat Georg Lowig die Volksbildungs-vereinigung, die auch die Sektion „Gesang und Musik“ aufwies. Als sich vom Jahre 1947 ab die Vereine selbstständig machen durften, entstand am 7. Juni auch der „Männergesangverein Liedertafel 1837“ wieder, bei der Gründungsversammlung noch unter dem Namen „Gesangverein Altdorf“. Unter Vorstand Georg Wagner, Chorleiter Heinrich Gulden und Orchesterleiter Hermann Pranz veranstaltete der Verein in regel-mäßiger Folge Konzerte, „Bunte Abende“ und Platzsingen, die sich von Jahr zu Jahr eines gesteigerten
Besuchs erfreuten. Höhepunkte dieser Vereinsepoche waren 1956 die Anschaffung einer neuen Vereinsfahne, 1959 die Verleihung der „Zelter-Plakette“ als Auszeichnung für die in langjährigem Wirken erworbenen Verdienste um die Pflege der Chormusik und des deutschen Volksliedes und 1962 die Feierlichkeiten zum 125-jährigen Jubiläum.
Mit der Verpflichtung von Oberlehrer und Opernsänger Fritz Teichmann als neuen Chorleiter (1966) und einem Generationswechsel in der Vorstandschaft wurde der Grundstein für das künftige Erscheinungsbild der Liedertafel gelegt. Auf Initiative des neuen Chorleiters entstand 1967 die Wiedergründung eines gemischten Chores. Dieser entwickelte sich seitdem zur tragenden Säule des „Männergesangvereins“ Liedertafel, so dass dem Antrag auf Namensänderung in „Liedertafel 1837 Altdorf“ an der Generalversammlung im Januar 1997
ohne Gegenstimmen zugestimmt wurde. Faschingsbälle, Weinfeste und gegenseitige Besuche mit befreundeten Chören prägten maßgeblich das reiche Vereinsleben.
Höhepunkte seit Wiedergründung des gemischten Chores bis zum 150-jährigen Jubiläum 1987 waren die 16 abendfüllenden Konzerte, die Feierlichkeiten mit zwei Festkonzerten anlässlich des 150-jährigen Jubiläums, die Gründung und die Auftritte der „Singenden Landsknechte“ im Lagerleben der Wallensteinfestspiele. Nach der Ausweitung von Schillers „Wallensteins Lager“ entfiel das von derLiedertafel aufgeführte Vorprogramm
Im selben Rahmen errichten seit 1979 Sängerinnen und Sänger als „Singende Bauern“ alle drei Jahre ihr idyllisches Lager am Marktplatz.
Sie gestaltete nun seit 1988 in jedem Festspielsommer unter der Regie des damaligen Vorstandes Helmut Buchner ein abendfüllendes Programm mit Liedern und einer Theateraufführung zum Thema der Inszenierung: „Die Dorfschänke der singenden Bauern“ 1988, „In der Gartenlaube“ 1991, „In der Wald-schänke“ 1994, „In der Weinlaube“ 1997 und für die Jahrtausendwende 2000 „Auf dem Dreschplatz der singenden Bauern“. 1997 feierte die Liedertafel gedenkwürdige Ereignisse seit ihrer Gründung vor 160 Jahren
mit einem Fest- und Ehrenabend in der Stadthalle, der Gestaltung und Enthüllung eines aktuellen Vereins-bildes und der Herausgabe einer neuen Festschrift durch den damaligen Vorstand Buchner als Fortsetzung und Ergänzung der vor 10 Jahren verfassten Dokumentation.
2001 kam es zu einem Wechsel in der Vorstandschaft und in der Chorleitung. Seitdem führte Manfred Wagener als 1. Vorsitzender den Verein und Ralf Tochtermann, Diplom-Musiker, ehemaliger „Windsbacher“, früheres Mitglied der Nürnberger Symphoniker und nun Landesposaunenwart bei der ev. Kirche in Bayern, leitete den Chor bis Dezember 2012. Er hatte diesen gesanglich so weiter entwickelt, dass das Prädikat „Leistungschor im Fränkischen Sängerbund“ errungen werden konnte.
Konzerte aus dieser Zeit:
2002: „Musikalischer Marktplatz“ *** 2004: „Waldesnacht“ *** 2005: „Frohlocket ihr Völker“ *** 2006: „Musik erzählt“ *** 2008: Konzert im Herbst “ *** 2009: „Herbei, wer lustig sein will hier“ *** 2010: „Moonwalk /Mondlieder“ *** 2011: „Gesungen und erzählt“ ***
2012: 175-jähriges Jubiläum der Liedertafel:
Juni 2012: Konzert des Sängerkreises Hersbruck in Feucht, Reichswaldhalle, mit den Jubelchören Altdorf (175 Jahre ), Feucht, Rückersdorf, Reichenschwand, Engelthal) *** Oktober 2012: Konzert in der Laurentiuskirche zum 175-jähr. Jubiläum mit dem ev. Posaunenchor Feucht und den Patenvereinen MGV Rasch und GV Burgthann.
Zum 31.12.2012 beendete Ralf Tochtermann seine Chorleitertätigkeit bei der Liedertafel Altdorf. Ab Januar 2013 wurde Renate Kaschmieder Chorleiterin der Liedertafel, Infos dazu unter “Chor / Chorleiterin“.
Manfred Wagener beendete 2016 seine langjährige Vorstandschaft und wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Die Leitung des Vereins lag von Januar 2016 bis Ende 2019 in den Händen von Ella Uttinger.
(Quelle: Festschriften zum 150-jährigen und 175-jährigen Jubiläum, zusammengestellt von Siglinde Hungershausen und Helmut Buchner ).
